Nov 22, 2018
Neuer Medienbericht: "Ist der 'Proll-Hass' ein neuer Elitensport?", Freie Presse vom 20.11.2018
"Wer über Populismus spricht, kann die Schriften des an der US-amerikanischen Universität Princeton forschenden Jan-Werner Müller kaum ausklammern. Die spätestens seit Pegida, AfD und Trump-Präsidentschaft dauererregte Debatte wurde zwar durch Müllers Essay "Was ist Populismus?" in mancher Hinsicht vom Bauch in den Kopf verlagert. Oder: Hätte dorthin verlagert werden können. Denn am nüchternen Blick fehlt es weiter, auch an Genauigkeit dabei, das Phänomen zu fassen und Konsequenzen für Wissenschaft, Politik oder Kultur abzuleiten.
So lag es nahe, dass sich die Organisatoren der nun in Dresden ausgerichteten Jahrestagung des TU-Sonderforschungsbereichs "Invektivität" ("Herabwürdigung") den Gast aus Übersee eingeladen hatten."
"Müllers Fazit: Einen Königsweg im Umgang mit Populisten gibt es nicht. Jede politische Kraft muss in jedem Land zu jeder Zeit gesondert betrachtet werden. Nicht auf jede Entgleisung muss man reagieren, wohl aber präzise bleiben bei der Verwendung der Zuschreibung "populistisch". Auf das Gespenstische des Begriffs hatte, woran der Historiker Gerd Schwerhoff erinnerte, schon vor 33 Jahren der Soziologe Helmut Dubiel verwiesen: Ihm zufolge liegt es vor allem im Auge des Betrachters, ob man im Populismus eine soziale Bewegung, eine politische Ideologie, eine Form des politischen Verhaltens oder nur eine Mentalität sehe.
Dabei mögen auch Wissenschaftler auf der Hut sein, mahnte die Soziologin Karin Priester; in Blasen befänden sich nicht nur die anderen: Sie warnte vor "Proll-Hass als Elitensport", denn aktuelle ökonomische Verwerfungen träfen nicht nur Angestellte, Arbeiter oder kleine Selbstständige, sondern etwa in Griechenland, Spanien oder Italien längst auch Akademiker."